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Verlagsempfehlung (Waschzettel) Waldethik
Hangartner, Adam (Guido H.) OSB (2002); Waldethik –
Theologisch-ethische Überlegungen zu Wald und Forstwirtschaft - Eine
wissenschaftliche Arbeit im Bereich der Umwelt- und Sozialethik;
München, Herbert Utz-Verlag, ISBN 3-8316-0207-7. (Preis: € 64.--)
Bislang war eine explizite und ausführliche Ethik für Forstleute
unbekannt. Weder Philosophen noch Theologen haben sich bisher genauer
mit dieser Problematik auseinander gesetzt. Diese Forschungslücke bewog
Adam Hangartner, sich dem Thema anzunehmen.
In drei Kapiteln beschäftigt sich der Autor wirklich
umfassend und vor allem interdisziplinär mit Problemen, die lange Zeit
stiefmütterlich behandelt worden sind. Gibt es moralische Pflichten im
Umgang mit einem Forst? Wer trägt die Verantwortung für den Wald und vor
allem wem gegenüber? Theologische Überlegungen werden ebenso
berücksichtigt wie philosophische, wirtschaftliche wie forstkundliche,
historische wie psychosoziale.
Ausgehend vom Beispiel Österreich zeigt Hangartner zunächst die
biologische Entwicklung der Wälder unter dem Einfluss des Menschen.
Bereits im Mittelalter hatten sie in bestimmten Regionen stark unter
Verwüstung durch Überbeanspruchung bzw. Emissionsschäden zu leiden. Der
saure Regen ist nicht erst in den letzten 30 Jahren zum Problem
geworden, Waldordnungen zum Schutz bereits aus dem 15. Jahrhundert
belegen dies eindrucksvoll. Sodann geht der Autor auf gegenwärtige
Nutzungsfragen ein. Welche Waldformen gibt es, wie sind sie entstanden,
welche Bedeutung haben sie für ökologische Belange? Es folgt ein
Abschnitt über wirtschaftssoziale Fragen der Forstarbeit sowie des
Waldeigentums.
Das zweite Kapitel setzt sich mit theologischen Problemen
auseinander. Der Wald wird als Kulturgut definiert, der als bedeutender
Teil der Schöpfung zu sehen ist. Als wahre Fundgrube erweist sich der
Abschnitt über die Bibel. Der Autor hat es auf sich genommen, alle (!)
Textstellen der Heiligen Schrift, in denen Bäume im weitesten Sinn
erwähnt werden, zu zitieren. Davon ausgehend beschreibt er dann die
Positionen der Kirche in Geschichte und Gegenwart zum Forst. Vielen
dürfte es unbekannt sein, dass sich zuerst und sehr deutlich die Päpste
zur Verantwortung des Menschen der Natur gegenüber äußerten. 1971, ein
Jahr vor der Studie des Club of Rome, weist Paul VI. auf eine
Umweltkrise hin. Die Benediktiner Eremiten von Camaldoli fordern eine
Aufforstung gerodeten Grundes allerdings bereits im 11. Jahrhundert!
Abgerundet wird der Abschnitt durch einen Vergleich des
Naturverständnisses in anderen Religionen sowie durch Gedanken zur
Berufsethik. Von amerikanischen Forstexperten wurden verschiedene
Verhaltensvorschriften (so genannte Ehrenkodexe) im Umgang mit dem Wald
entwickelt, die der Autor im deutschsprachigen Raum erstmals in solcher
Ausführlichkeit aufzeigt.
Hat sich Hangartner in den ersten beiden Kapiteln mit der Geschichte
und dem Ist-Zustand des Forstes auseinandergesetzt, so führt er zuletzt
einen völlig neuen, zukunftsweisenden Begriff in die Diskussion ein: das
„Abgeordnet-Sein“. Der Grundgedanke dabei ist folgender: Der Mensch ist
der Natur nicht über-, nicht gleich-, aber auch nicht untergeordnet.
Vielmehr ist es seine Aufgabe, stellvertretend die Interessen der Natur
wahrzunehmen, eben wie ein parlamentarischer Abgeordneter. Damit dient
er nicht nur der Umwelt, sondern auch sich selbst – und wird so seiner
Verantwortung dem Schöpfer und der Schöpfung gegenüber gerecht.
Hangartner gelingt es mit seinem Ansatz, weit über die Theologie
hinaus den Ethik-Diskurs zu bereichern, den er in seinem Werk
kapitelübergreifend und interdisziplinär versteht. So ist die Einführung
des Begriffs „Abgeordnet-Sein“ Denkanstoss und Handreichung zur
Vertiefung des wissenschaftlichen Gesprächs und der praktischen
Anwendung. Nun liegt es an den forstlichen Disziplinen, diese umfassende
Vorlage konstruktiv zu verwerten.
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